Definition: Was ist ein Statusfeststellungsverfahren?
Das Wortungeheuer Statusfeststellungsverfahren kann einen beim ersten Anblick schon mal erschrecken. Doch was bedeutet es?
Im sogenannten „Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus“ der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) ist dazu folgende Formulierung zu lesen: „Das Statusfeststellungsverfahren dient der Klärung der Frage, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt und wer gegebenenfalls der Arbeitgeber ist.“
Konkret geht es also darum, einigermaßen unkompliziert herauszufinden, ob du abhängig beschäftigt bist mit der entsprechenden Sozialversicherungspflicht oder ob es sich bei deiner Beschäftigung um eine selbstständige Tätigkeit handelt. Mit dem Statusfeststellungsverfahren können hier seit seiner Einführung 1999 durch den Gesetzgeber alle Unklarheiten beseitigt werden. Denn: Ein ungeklärter Sozialversicherungsstatus kann dir ernsthafte Probleme bereiten!
Wer beantragt das Statusfeststellungsverfahren?
Der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status kann sowohl von Auftraggeber:innen als auch von Auftragnehmer:innen – also zum Beispiel von dir als Freelancer:in – initiiert werden und ist nicht verpflichtend.
Seit den Anpassungen im April 2022 kann außerdem ein:e Endkund:in als „Dritte:r“ ein Statusfeststellungsverfahren anstoßen oder miteinbezogen werden.
Wenn du also Zweifel an deinem aktuellen Sozialversicherungsstatus hast oder die Auftragsverhältnisse unklar sind, kann die Prüfung freiwillig beauftragt werden. Man spricht hier vom fakultativen oder optionalen Statusfeststellungsverfahren.
Ein Beispiel: Wenn du merkst, dass du bei eine:r Auftraggeber:in allmählich in eine abhängige Tätigkeit rutschst, kannst du deinen Erwerbsstatus freiwillig prüfen lassen.
Es kommt in manchen Fällen vor, dass das Statusfeststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet wird (vgl. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Dann ist es ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren. Das ist dann der Fall, wenn ein:e Arbeitgeber:in im Unternehmen folgende Personen beschäftigt:
- Angehörige oder Lebens- oder Ehepartner:innen
- geschäftsführende Gesellschafter:innen
Dies muss bei der Meldung zur Sozialversicherung angeben werden.
In beiden Fällen ist für die Durchführung des Statusfeststellungsverfahren die Clearingstelle der DRV zuständig.
Wie wird das sozialversicherungsrechtliche Statusverfahren beauftragt?
Wer das Anfrageverfahren starten will, muss dies schriftlich tun. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat dazu Formulare erstellt. Die Vordrucke können direkt dort beantragt oder im Netz heruntergeladen werden. Besonders wichtig ist das neue Formular V0027. Auf neun Seiten fragt die Clearingstelle alle Details zum Auftrag ab.
Wann kannst du die Formulare zum Statusfeststellungsverfahren ausfüllen?
Bis zur Änderung im April 2022 konnte man erst während einer laufenden Beschäftigung das Statusfeststellungsverfahren beauftragen. Seither besteht aber die Möglichkeit, mit einem entsprechenden Häkchen im Vordruck schon vor Start des Auftrags bzw. vor Aufnahme der Tätigkeit den Status klären zu lassen.
Diese neue sogenannte Prognoseentscheidung führt zu einem rechtsgültigen Bescheid. Dritte können diese Prognosefeststellung jedoch nicht machen.
Wie hoch sind die Kosten für ein Statusfeststellungsverfahren und wie lange dauert es?
Für den Antrag auf Statusfeststellungsverfahren verlangt die Deutsche Rentenversicherung von dir kein Geld. Die Prüfung ist also kostenfrei. Willst du aber tatsächlich das Anfrageverfahren starten, empfiehlt es sich, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, um sicher zu gehen, dass du am Ende mit unangenehmen Folgen beim Bescheid überrascht wirst.
Gesetzlich verankert ist, dass das Anfrageverfahren innerhalb von drei Monaten abgeschlossen sein muss.
Was genau macht die Clearingstelle beim Statusfeststellungsverfahren?
Geht bei der Clearingstelle der DRV der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status ein, wird dieser Status individuell geprüft und für alle Bereiche der Sozialversicherung festgelegt. Um sich ein geeignetes Bild für die Einschätzung machen zu können, benötigt die Clearingstelle:
- Infos der Auftragnehmer:innen zur Art und Weise der Beschäftigung
- Vertragsunterlagen zum Beschäftigungsverhältnis
Die Clearingstelle versichert: „Das Statusfeststellungsverfahren soll sich günstig auf die Betroffenen auswirken und nicht zu ihrem Schaden sein.“
So kannst du während des gesamten Verfahrens und auch bei einem Widerspruch immer noch neue Unterlagen und Argumente vorbringen. Dadurch dass seit der Neuerung der DRV Bund die Frage des Beschäftigungsstatus entscheidet, wird allen Beteiligten eine größere Rechtssicherheit verschafft.
Übrigens: Lautet das Fazit der DRV „selbstständige Tätigkeit“, prüfen zuständige Rentenversicherungsträger, ob dann eine Rentenversicherungspflicht als Selbständige:r eintreten kann.
Warum kann die Statusfeststellung wichtig sein?
1. Besteht bei dir eine Sozialversicherungspflicht?
In der Regel besteht bei Freelancer:innen keine Sozialversicherungspflicht. Hauptberuflich tätige Selbstständige haben die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie sich freiwillig gesetzlich oder privat absichern wollen. Seit 2007 sind sie zwar verpflichtet, Mitglied in einer Kranken- und Pflegeversicherung zu sein. Nicht zwingend erforderlich ist jedoch, dass sie in die Arbeitslosen-, Unfall- oder Rentenversicherung einzahlen.
Diese Befreiung der „Versicherungspflicht“ gilt allerdings nicht für alle Gruppen von Selbstständigen. Im Gegenteil: Du solltest als Existenzgründer:in und Freelancer:in auf jeden Fall genau prüfen, ob du ganz oder teilweise befreit bist.
Unter anderem diese Selbstständigen müssen zwingend in die Rentenversicherung einzahlen:
- Künstler:innen, Publizist:innen und Schriftsteller:innen
- Hebammen und Pfleger:innen
- Handwerker:innen
Bist du hauptberuflich festangestellt und nur nebenberuflich selbstständig, bist du unter Umständen von der Sozialversicherungspflicht befreit. Weil das aber mitunter schwer einschätzbar ist, kann ein sozialversicherungsrechtliches Statusverfahren Licht ins Dunkel bringen.
Sollte hierbei von der Clearingstelle festgestellt werden, dass eine Sozialversicherungspflicht besteht, können Sozialversicherungsträger:innen die nicht gezahlten Beiträge nachfordern. Diese müssen dann nach einem Statusfeststellungsverfahren rückwirkend für maximal vier Jahre nachgezahlt werden.
Wenn Auftraggeber:innen nachgewiesen werden kann, dass sie dich vorsätzlich beschäftigt und trotz Pflicht keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, können die Beiträge sogar bis zu 30 Jahre rückwirkend nachgefordert werden. Und es drohen strafrechtliche Konsequenzen.
2. Statusfeststellungsverfahren, um Scheinselbständigkeit auszuschließen
Damit du nicht in Teufels Küche kommst, kann dir die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status dabei helfen, eine Scheinselbstständigkeit auszuschließen.
Häufig vermutet die DRV in folgenden Fällen eine scheinselbstständige, also abhängige Tätigkeit bei dir als Freelancer:in:
- Du hast nur eine:n einzige:n Auftraggeber:in und nimmst nur über ihn:sie dein Honorar ein.
- Du arbeitest weisungsgebunden.
- Du hast bereits vor dem Sprung in deine Selbständigkeit in Festanstellung bei dem:der Arbeitgeber:in gearbeitet.
- Du trägst kein eigenes unternehmerisches Risiko.
Auch hier gilt: Wenn die Rentenversicherung Bund bei der Prüfung eine Scheinselbständigkeit feststellt, muss der:die Arbeitgeber:in die gesetzlich vorgesehenen Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend vom Beginn der Scheinselbstständigkeit an nachzahlen.
Spätestens bei einer Betriebsprüfung in Kleinunternehmen würde auffallen, wenn du scheinselbstständig arbeitest. Und das gilt es zu vermeiden. Sonst wird es teuer.
Diese Regelungen beim Statusfeststellungsverfahren sind seit 2022 neu
Mit der Neuregelung des Statusfeststellungsverfahrens im April 2022 sind einige Änderungen in Kraft getreten, die den Antrag vereinfachen sollen. Folgende Punkte wurden angepasst:
- Erwerbsstatus:
Die Clearingstelle stellt nicht mehr die Versicherungspflicht fest, sondern den Erwerbsstatus. Also, ob du selbstständig arbeitest oder nicht. - Prognoseentscheidung:
Du kannst eine Statusfeststellung auch schon vor Aufnahme der Tätigkeit machen. Als Grundlage zur Prüfung dienen der DRV dann hauptsächlich vertragliche Vereinbarungen. - Mündliche Anhörung:
Neu ist außerdem, dass die Beteiligten eines Widerspruchsverfahrens gegen eine Statusfeststellung das Recht auf eine mündliche Anhörung haben. - Gruppenfeststellung:
Möglich sind zudem Gruppenfeststellungen für gleiche Auftragsverhältnisse. Das ist vor allem für Autraggeber:innen interessant. - Dreieckskonstellationen:
Seit April 2022 können Dreieckskonstellationen geprüft werden. Bedeutet: Sollten Dritte beteiligt sein, kann dadurch geklärt werden, wer der oder die Arbeitgeber:in ist.
Inhalte für dein Business.