Kleines Outing vorweg
Damit wir das schon mal weg haben: Du wirst mit ziemlicher Sicherheit im Verlauf dieses Artikels den Eindruck bekommen, ich sei „oldschool“, autistisch veranlagt mit Hang zur Aufschieberitis. Das ist alles korrekt und für diesen Artikel ausnahmsweise mal äußerst hilfreich. Schließlich möchte ich dir keine Universallösung vorkauen, die du dann wiederkäuen kannst. Ich möchte dich inspirieren, deine Arbeitsprozesse so zu überdenken und anzupassen, dass sie perfekt zu dir und deinen Eigenschaften passen.
Der Klassiker: Die Erst-mal-irgendwie-Prozesse
Zu Beginn meiner Selbstständigkeit begann ich alle einschlägigen Prozesse des Arbeitsalltags nach dem gleichen Prinzip: erst mal irgendwie machen. Aus diesem Irgendwie wurde schnell Routine. Es ist wie die „Predigerleuchte“, diese nackte Funzel, die man beim Einzug an die Decke hängt und mit den Monaten einfach nicht mehr sieht. Oder wie mit vielen, vielen anderen Provisorien. Die meisten dieser Routinen behielt ich über Jahre bei. Bis mir klar wurde, wie viel Zeit und Nerven ich damit vergeudete. Lass uns doch gleich mit meinem persönlichen Highlight beginnen.
Prozess Steuern & Buchhaltung
Kreisch. Und dann totstellen. So ist bis heute meine innere Reaktion auf eigentlich alles, was mit diesem Themenkomplex zu tun hat. Das hat den einfachen Grund, dass ich mich damit jahrelang selbst überfordert und immer wieder in eine Situation der Hilflosigkeit und Ohnmacht gebracht habe. Oftmals wusste ich einfach nicht, als was ich bestimmte Ausgaben buchen, wie verbummelte Belege ersetzen, wo verlegte Kontoauszüge herbekommen und wen ich bei all dem fragen soll. Und wenn es an die Steuererklärung ging, nahm das Drama alljährlich epische Ausmaße an. Das war dann auch das erste, was ich in fachmännische Hände abgab.
Inzwischen sind 20 Jahre vergangen. Versuche mit komfortablerer Software, intelligenten Ablagesystemen und was weiß ich was führten allesamt zum ursprünglichen Ergebnis zurück. Bis ich beschloss, dass es reicht. Ich rief meinen Steuerberater an, ließ mir ein Angebot machen und zahle nun monatlich einen Festbetrag dafür, dass ich weniger graue Haare und mehr Lebensqualität habe. Was bin ich erleichtert.
Und die Moral von der Geschicht? Gib alles ab und zahl dich dumm und dösig?! Natürlich nicht. Die Moral dieser kleinen Nähkästchenepisode sollte diese sein: Schau, was für dich gut funktioniert – und dann mach es genau so. Nächste Episode:
Prozess Ordner & Dateien
Man kann sich unglaublich lange mit dem Ausbaldowern sinnvoller Ordnerstrukturen und Dateibenennungsregeln befassen. Das habe ich tatsächlich auch immer mal wieder getan. Und habe mich schließlich für ein nahezu kinderleichtes System entschieden.
Meine Ordnerstruktur sieht so aus:
1. Job
1.1. Allgemein
Hier befinden sich Ordner wie Buchhaltung, Fahrtenbuch, Vorlagen, Webseite …
1.2. Kunden
Je Kund:in ein Ordner, darin liegen Ordner mit den jeweiligen Aufträgen, inhaltlich sortiert, nicht zeitlich. Also beispielsweise Blogartikel, Newsletter …
1.3. Rechnungen
Dieser Ordner ist nur noch ein altes Relikt, da ich das Rechnungswesen inzwischen endlich über eine Software versende und verwalte.
Du siehst, einfacher geht’s nicht. Für mich genau richtig. Bei der Benennung der enthaltenen Dateien halte ich es ähnlich einfach. Allerdings erst seit ein paar Jahren. Davor versuchte ich es mit einem Benennungsprinzip, das aus Kürzeln für Kund:in, Projekt und Datum bestand. Für diesen Artikel wäre das
lex_ArtProzesse_DDMMYY.doc
In Anbetracht meiner Ordnerstruktur ist der Zusatz des Kundennamens unnötig, irritiert mich eher, macht den Namen lang und unübersichtlich. Die anschließende Abkürzung des Projektnamens wurde manchmal so kryptisch, dass ich selbst nicht mehr wusste, was sie bedeuten sollte. Und das Datum, das ich mal mit dem Jahr, mal mit dem Tag zuerst eintrug, … naja. Inzwischen verwende ich sprechende Titel. Ich benenne das Dokument also einfach nach dem, was es ist. Beispiel für diesen Artikel:
Artikel_Prozesse.doc
Diese Datei liegt dann im Ordner lexfree -> Artikel -> in Arbeit. Korrekturen oder Änderungen werden neu abgespeichert mit dem Zusatz „_V2“, also Version 2 oder eben 3, 4. Suche ich etwas, dann eigentlich nie nach Datum, sondern immer nach Inhalt. Mein Tipp: Schau, wonach du im Zweifel suchst und nutze genau diese Informationen für die Dateibenennung.
Prozess Arbeitsteilung
Seit einigen Jahren bin ich nicht nur als Texterin, sondern auch als Heilpraktikerin selbstständig. Die bewusste Arbeitsteilung hat sich schnell als wichtiger Prozess herausgestellt.
Anfangs habe ich gearbeitet, wie es sich eben ergab. Das Ergebnis waren Terminchaos und Rückschritte in die Maßlosigkeit, weil mir die klaren Arbeitszeiten fehlten. Außerdem sind die beiden Tätigkeiten sehr unterschiedlich und erfordern ein jeweils grundlegend anderes „Mindset“. Mischen impossible. Also habe ich klare Regeln aufgestellt: Montag und Dienstag sind Text-Tage. Donnerstag und Freitag Praxis-Tage. Mittwoch ist Gleittag, beziehungsweise Bürotag. Also entweder schreiben ODER behandeln ODER Bürokram – letzteres geht für beide Unternehmen gemischt.
Das Prinzip der Klarheit ist in jedem Falle empfehlenswert. Sei es für zwei Selbstständigkeiten, einen festen Job und eine nebenberufliche Selbstständigkeit oder auch Selbstständigkeit und Familie. Schaffe dir Zeitfenster, in denen nur das eine dran ist. So kannst du dich voll und ganz auf eine Sache konzentrieren und auch mal Dinge angehen, die vielleicht nicht brandeilig, aber eben doch wichtig sind.
Prozess Kleinkram
Für mich sind es die vielen kleinen Dinge und To-dos, die für Stress sorgen. Eine große Aufgabe und sonst nichts zu tun, finde ich dagegen großartig. Voller Fokus und Vollgas. Ideal. Der Alltag tendiert leider meistens gen Kleinteiligkeit. Mein täglicher Versuch, möglichst nah an meine Idealbedingungen heranzukommen, sieht so aus:
Morgens schaue ich als erstes, was ansteht, und erstelle eine Liste (ja, auf Papier!) von all den Kleinigkeiten, die heute erledigt werden möchten: Korrigierte Rechnung rausschicken, Hundefutter bestellen, Nachfrage Bearbeitungsstand Stadtwerke, kurzer Infoanruf Finanzamt, Beantwortung von zwölf Mails, Stunden von gestern nachbuchen, Artikel zu „Prozesse im Alltag“ schreiben.
Den Artikel kann ich vergessen, wenn mir der Rest im Nacken sitzt oder ich dem Irrglauben erliege, es „zwischendurch“ erledigen zu können. Allerdings bin ich zu keinem Zeitpunkt so wach und frei wie früh am Morgen. Mon- und dienstags nutze ich dieses Morgen-Hoch für etwas Kreatives. Für etwa eine Stunde notiere ich mir Ideen und Gedanken zum Artikel. Meist sind das die grobe Struktur und einige saloppe Formulierungen möglicher Inhalte. Sobald dieser Flow verebbt, ist Frühstück dran und danach die Fleißarbeit. Das dauert vielleicht eine Stunde, selten länger. Danach gewinne ich kurz Abstand, koche mir zum Beispiel einen Tee, und stelle mich innerlich auf das Schreiben des Artikels ein. Darauf kann ich mich jetzt den Rest des Arbeitstages konzentrieren.
Früher habe ich meine morgendliche Frische oft mit dem Kleinkram vergeudet. Der Einstieg ins freie Schreiben gestaltete sich dann zäh und schwerfällig.
Mach dein Ding
Ich kann dir nur dringend empfehlen, für dich herauszufinden, wann dir welche Tätigkeiten besonders leichtfallen oder das Ergebnis besonders gut wird. Und dir dann deine Prozesse entsprechend einzurichten. Das spart enorm Zeit und Energie. Zwei Mangelwaren des Alltags.
Zu guter Letzt: Drei häufige Fragen zum Thema Prozesse
Inhalte für dein Business.