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Wer ein Produkt herstellt oder in Umlauf bringt, muss dafür Sorge tragen, dass von diesem keine Gefahr ausgeht. Kommt es aufgrund eines fehlerhaften Produkts zu einem Personen- oder Sachschaden, greift die Produkthaftung. Diese ist im Produkthaftungsgesetz geregelt. Was hinter der Produkthaftung steckt und in welchen Fällen du schadensersatzpflichtig bist, erfährst du in diesem Beitrag.

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Was ist die Produkt­haftung?

Neben der vertraglichen gibt es auch eine gesetzliche Haftung. Diese lässt sich in drei Kategorien einteilen:

  • Haftung aus unerlaubter Handlung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
  • Haftung nach anderen speziellen Gesetzen (z. B. Arzneimittelgesetz)
  • Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG)

Was gilt für das Produkt­haftungs­recht im Zivilrecht?

Das Produkthaftungsgesetz nach BGB gilt für Hersteller:innen in Deutschland, die ein Produkt eigenverantwortlich und auf eigene Rechnung herstellen. Die sogenannte Produzentenhaftung verpflichtet Hersteller:innen dazu, ihr Produkt vor dem Inverkehrbringen gründlich auf mögliche Gefahren durch Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktions- oder Produktbeobachtungsfehler zu untersuchen.

Bei der Produkthaftung nach BGB handelt es sich folglich um eine deliktische Haftung. Das heißt, ein:e Hersteller:in kann im Ernstfall für einen Gesetzesverstoß haftbar gemacht werden, aber nicht für eine Verletzung der vertraglichen Pflichten.

Haftung nach dem ProdHaftG

Neben der Produzentenhaftung existiert die Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG). Das Produkthaftungsgesetz dient zur Vereinheitlichung des Produkthaftungsrechts auf EU-Ebene. Bei der Haftung nach dem ProdHaftG handelt es sich um eine sogenannte Gefährdungshaftung. Das heißt, es ist nicht relevant, ob der:die Hersteller:in den Fehler verschuldet hat oder nicht. Man spricht daher auch von einer verschuldensunabhängigen Haftung.

Hersteller:innen haften somit auch dann für ein fehlerhaftes Produkt, wenn ihnen weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden können. Darüber hinaus haften sie auch bei Ausreißern. Das sind fehlerhafte Einzelstücke von sonst fehlerfreien Produkten.

Die Produkthaftung ist jedoch nicht mit der Mängelhaftung gleichzusetzen. Bei dieser geht es darum, dass Kund:innen ein mangelfreies Produkt erhalten. Wenn ein Produkt nicht mangelfrei ist, können Kund:innen Nacherfüllung oder Ersatz verlangen.

Was ist ein Produkt nach dem Produkthaftungsgesetz in Deutschland?

Ein Produkt ist jede bewegliche Sache, die auf den Markt gebracht wird. Grundstücke oder darauf errichtete Gebäude zählen also nicht dazu – Baumaterialien für das Gebäude hingegen schon. Arzneimittel fallen ausdrücklich nicht unter das ProdHaftG. Hier erfolgt die Haftung nach speziellen Gesetzen. In diesem Fall gilt das Arzneimittelgesetz (AMG). Bei der Produkthaftung für Software sind die Meinungen bisher geteilt, da die Sacheigenschaft von Software in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist. In der Regel wird das Produkthaftungsgesetz jedoch für Standardsoftware angewendet, hoch individualisierte Softwarelösungen fallen hingegen meist unter die Produzentenhaftung nach BGB.

Händler:in oder Hersteller:in: Wer haftet für fehlerhafte Produkte?

Liegt die Produkthaftung beim Händler oder Hersteller bzw. bei der Händlerin oder bei der Herstellerin? Das wirst du dich als Selbstständige:r mit Sicherheit fragen. Fakt ist: Unter das Produkthaftungsgesetz fallen mehrere Personengruppen. Du musst also nicht zwingend der:die direkte Hersteller:in des Endprodukts sein, um haftungsfähig zu sein.

Haften können generell folgende Personen:

  • Hersteller:in des Endprodukts
  • Zuliefer:innen eines Teilprodukts, sofern dieses fehlerhaft war
  • Importeur:in des Produkts von außerhalb der EU
  • Quasi-Hersteller:in, die ihr Logo oder ihre eigene Marke am Produkt anbringen
  • Händler:in, wenn der:die Hersteller:in nicht festgestellt oder innerhalb eines Monats vom Händler oder von der Händlerin benannt werden kann

Wenn für einen Schaden mehrere Personen schadensersatzpflichtig sind (zum Beispiel Hersteller:in und Importeur:in), tragen sie das Haftungsrisiko als Gesamtschuldner:in nach § 5 ProdHaftG. Geschädigte können jedoch wählen, bei wem sie ihren Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. In der Regel wählen sie denjenigen, der wirtschaftlich am ehesten dazu in der Lage ist.

Können auch Dienst­leister:innen haften?

Grundsätzlich gilt: Dienstleister:innen sind  zwar keine Hersteller:innen, die für fehlerhafte Produkte haftbar gemacht werden können. Sie sind nur „Verwender:innen“ und keine Beteiligten der Herstellungs- und Vertriebskette. Einzelheiten lässt du dir am besten jedoch von geschulten Fachleuten erklären. Sie sind firm in der Materie und haben reiches Fachwissen zu bieten.

Anspruchs­voraus­setzungen für die Produkthaftung

Unternehmer:innen müssen folgende Regelwerke kennen und sich genauestens damit auseinandersetzen:

Wann greift die Produkthaftung?

Im ProdHaftG ist nicht nur geregelt, wer haftet, sondern auch in welchen Fällen. Damit eine Produkthaftung greift, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss ein fehlerhaftes Produkt vorliegen, das im Sinne des § 2 ProdHaftG als Produkt gilt. Darunter fallen bewegliche Sachen, Elektrizität sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse und Jagderzeugnisse. Ein Fehler liegt gemäß § 3 ProdHaftG vor, wenn die Sicherheitserwartungen der Verbraucher:innen trotz Berücksichtigung aller Umstände nicht erfüllt werden.
  • Ein Personenschaden muss entweder zum Tod, zu einer Verletzung oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung beim Geschädigten führen. Sachschäden werden nur als Sachbeschädigung an einer anderen Sache anerkannt. Das heißt, wenn das eigentliche Produkt kaputt geht, besteht kein Sachschaden nach ProdHaftG.
  • Der Schaden muss sich auf den Produktfehler und nicht etwa auf eine falsche Bedienung zurückführen lassen.
  • Anspruchsberechtigt sind sowohl unmittelbar wie auch mittelbar Geschädigte.

Wann ist die Haftung ausgeschlossen?

In bestimmten Fällen ist eine Haftung nach § 1 Abs. 2 und 3 ProdHaftG ausgeschlossen. Dazu muss eine der folgenden Voraussetzungen gegeben sein:

  • Hersteller:innen haben das Produkt nicht in den Verkehr gebracht, weil es zum Beispiel gestohlen wurde.
  • Der Fehler ist nach dem Inverkehrbringen entstanden, zum Beispiel durch eine unsachgemäße Reparatur.
  • Der:die Hersteller:in hat das Produkt nicht für den Verkauf und nicht im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit gefertigt. Das heißt, das Produkt wird in erster Linie privat oder für wohltätige Zwecke genutzt.
  • Der Fehler beruht auf der Berücksichtigung von zwingendem Recht.
  • Der Fehler konnte nach dem wissenschaftlichen und technischen Stand zur Zeit des Inverkehrbringens nicht erkannt werden.
  • Das Teilprodukt von Zulieferer:innen war fehlerfrei und der Fehler ist erst durch die Herstellung des Endprodukts entstanden. Hier haften generell nur die Hersteller:innen des Endprodukts, nicht aber die Zuliefer:innen.

Beweislast bei der Produkt­haftung: Wer muss eine mögliche Haftung nachweisen?

Für Fehler oder Schäden sind stets die Geschädigten in der Beweispflicht. Folgendes müssen sie darlegen:

  • Ein Produktfehler lag bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens vor.
  • Sie müssen den tatsächlichen Eintritt eines Schadens aufzeigen.
  • Es ist ein Beweis zu erbringen, dass der Schaden durch das fehlerhafte Produkt entstanden ist.

Du als Hersteller:in musst wiederum sämtliche Umstände belegen, die deine Haftung ausschließen können.

Produkt­haftung: Wie lange haften Selbstständige?

Die Produkthaftung hat eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt, wenn Geschädigte vom Fehler eines Produkts hätten Kenntnis erlangen müssen. Ist ein Produkt jedoch seit mehr als zehn Jahren in Umlauf, können Kund:innen keine Ansprüche mehr auf eine Produkthaftung geltend machen. Dies gilt allerdings nicht, wenn bereits ein Rechtsstreit oder Mahnverfahren im Zusammenhang mit einem möglichen Anspruch läuft (§ 13 ProdHaftG).

Umfang von Schadens­ersatz­zahlungen

Die Höhe des Schadensersatzes bei der Produkthaftung hängt davon ab, ob es sich um einen Personen- oder einen Sachschaden handelt.

Personenschäden sind nach § 10 ProdHaftG bis zu einer Höhe von 85 Millionen Euro zu ersetzen. Geschädigte haben nach § 8 ProdHaftG außerdem einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Kommt der Geschädigte durch das fehlerhafte Produkt ums Leben, erhalten die Hinterbliebenen eine angemessene Entschädigung.

Bei Sachschäden gibt es hingegen keine Obergrenze. Sie müssen auch nur ersetzt werden, wenn eine andere Sache als das Produkt selbst beschädigt wurde. Zudem müssen sich Geschädigte mit 500 Euro an der Beseitigung des Sachschadens beteiligen.

Fallbeispiele für Produkt­haftung

Eine Produkthaftung kann aus unterschiedlichsten Fehlern zum Tragen kommen:

  • Ganz typisch sind Qualitätsmängel, zum Beispiel durch brüchige Schrauben oder sogenannte Überspannungsschäden.
  • Auch gefährliche Fehlkonstruktionen zählen zu den Klassikern bei Produkthaftungsfällen.

Ein Beispiel: Das Landgericht Göttingen hatte in der Vergangenheit beispielsweise über eine Klage zu entscheiden, wonach ein Händler einen Ethanol-Kamin verkaufte, der sich kaum nachfüllen ließ, ohne dass Brennspiritus daneben ging und im Gehäuse verdunstete. Beim Anfeuern des Kamins entzündete sich das explosive Gemisch aus Alkoholdampf und Luft und verletzte den Kaminbesitzer im Gesicht. Der Mann musste zwei Wochen im Krankenhaus bleiben. Das Problem bei diesem Fall war, dass sich der Hersteller nicht ermitteln ließ. Der Käufer verklagte deshalb den Händler und erhielt 7.500 Euro Schmerzensgeld sowie Schadensersatz.

Wichtig zu wissen: Auch als Händler:in bist du nicht vor einer möglichen Produkthaftung gefeit und solltest daher die Qualität deiner Produkte genau unter die Lupe nehmen, bevor du sie weiterverkaufst.

Produkthaftung bei B2B

Die Produkthaftung kommt auch im gewerblichen Bereich vor. Hier muss jedoch ein regelmäßiges eigenes Verschulden des Herstellers für den Schadensfall nachgewiesen werden. Bei der B2B Produkthaftung kommt es daher immer auf die genauen Details an.

Sollten Selbständige eine erweiterte Produkthaft­pflicht­versicherung abschließen?

Wenn du Hersteller:in, Händler:in, oder Zuliefer:in: bist, kann eine Produkthaftpflichtversicherung eine sinnvolle Ergänzung zur Berufshaftpflicht sein. Denn sie enthält einen erweiterten Versicherungsschutz, der neben den konventionellen Produkthaftpflichtrisiken auch zusätzliche Haftungstatbestände sowie reine Vermögensschäden abdeckt. Bei der Entscheidung hilft ein Beratungsgespräch mit einem Versicherungsspezialisten. Er kann eine Empfehlung aussprechen, ob und weshalb sich eine Zusatzversicherung im Einzelfall lohnt.

Zusammenfassung

Produkthaftung zusammengefasst

  • Wer ein Produkt herstellt oder in den Verkehr bringt, muss dafür sorgen, dass von diesem keine Gefahr ausgeht.
  • In Deutschland finden sowohl die Produzentenhaftung nach BGB als auch die Haftung nach ProduktHaftG Anwendung.
  • Die Produkthaftung ist eine verschuldungsunabhängige Gefährdungshaftung nach dem ProduktHaftG.
  • Von der Produkthaftung nach dem ProdHaftG können Händler:innen, Hersteller:innen, Zuliefer:innen und Importeur:innen betroffen sein.
  • Für eine Produkthaftung müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, damit Geschädigte einen Anspruch anmelden können. Unter Umständen ist eine Haftung auch ausgeschlossen.
  • Die Produkthaftung hat eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
  • Die Beweislast für die Produkthaftung liegt beim Geschädigten.
  • Die Schadensersatzzahlungen werden nach Personen- und Sachschäden unterschieden.
  • Auch im B2B gibt es eine Produkthaftung. Für etwaige Ansprüche sind hier jedoch die Details entscheidend.
  • Unter Umständen kann eine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung für dich als Selbstständige:n sinnvoll sein.
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