Kreative Köpfe erzählen von ihren Erfahrungen und geben Tipps
Ich habe nachgefragt und wollte wissen, wie es die kreativen Köpfe unserer Gesellschaft mit der Bürokratie halten, die in Deutschland ja berühmt-berüchtigt ist. Ob die Kreativen damit wirklich ein Problem haben und wenn ja, wie sie es für sich gelöst haben. Ich wollte wissen, was ihnen geholfen hat und möchte auch zeigen, dass es wohl vielen ähnlich geht, wenn es sich um Künstlersozialkasse, Steuererklärung, Versicherungen und Ablage dreht: Es ist nicht einfach, aber irgendwie kriegt man es dann doch auf die Reihe.
Joshua Heitzler, Musikproduzent, Berlin

Nachdem ich mein Studium beendet habe und wegen meines Alters aus der Familienversicherung geflogen bin, musste ich mich mit dem Thema Versicherungen und Steuern für Selbstständige auseinandersetzen – auch, weil ich zu dem Zeitpunkt schon mein Gewerbe angemeldet hatte. Anfangs sah meine „Ablage“ so aus, dass ich einfach jeden Papierbeleg auf einen Stapel gelegt und dann kurz vor der Steuererklärung stundenlang das ganze Zeug eingescannt habe. Das mache ich heutzutage anders: Jeden Beleg scanne ich sofort ein und lege ihn richtig benannt digital ab. Ich würde jeder:m empfehlen, das direkt von Anfang an so zu machen.
Auch einen Steuerberater habe ich mittlerweile – das kann ich ebenfalls allen empfehlen, die mehr als ein paar Euro mit seiner oder ihrer Selbstständigkeit verdienen. Mein eigenes Wissen versuche ich auszubauen, mit Büchern und Podcasts zum Beispiel. Ich kann den Podcast „The Six Figure Creative“ sehr empfehlen, sowie die Bücher „The E-Myth Revisited“, „The 4-Hour Work Week“ und „Rich Dad, Poor Dad“.
Mehr Infos zu Joshua Heitzler findest du auf: hadronsounds.com/en/
Aischa Dawn Ibrahim, Tänzerin, Berlin

Ich habe mit den Jahren in der Bürokratie meinen Groove gefunden, vor allem durch Trial-and-Error, und indem ich Tänzer-Kolleg:innen gefragt habe, wie sie es machen. Auch wenn ich mittlerweile meinen Weg gefunden habe, hätte ich mir an manchen Stellen mehr Hilfe gewünscht.
Hilfe habe ich mir aber durch eine Steuerberaterin geholt, um nicht alles allein machen zu müssen – gerade, weil doch einige Punkte viel Zeit erfordern, die ich lieber in andere Themen stecke. Zudem kann ich allen freischaffenden Tänzer:innen die Plattform Dancersconnect empfehlen, dort findet man viele interessante und hilfreiche Tipps.
Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, Gelerntes weiterzugeben, weil wir doch alle in einem Boot sitzen. Deshalb habe ich mit einer Freundin den Podcast „Split – der Tanzpodcast“ ins Leben gerufen, in dem wir unter anderem über genau solche Themen sprechen.
Mehr Infos zu Aischa Dawn findest du auf: www.instagram.com/aischaibrahim
Fabian Mondl, Fotograf, Freiburg:

Ich denke, wie für jede:n Selbstständige:n ist es eher ein „Übel“ als ein „Wohl“, die Bürokratie zu bewältigen. Aber es wird für mich persönlich immer einfacher – das hat allerdings eine Weile gedauert. Es ist gar nicht so viel Arbeit, wie man immer denkt, man muss sich einfach dazu zwingen, sie anzugehen. Und man muss konstant am Ball bleiben. Für die Steuer habe ich seit einem Jahr einen Steuerberater und schaue mal, wie das laufen wird. Ich bin nicht abgeneigt, das irgendwann komplett selbst in die Hand zu nehmen, aber bisher war es mir zu viel. Mit dem Steuerberater nehme ich mir etwas Druck raus, um mich den anderen bürokratischen Dingen zuzuwenden.
Mehr Infos zu Fabian Mondl findest du auf: fabianmondl.com
Jennifer van de Sandt, Illustratorin, Hamburg

Während meines Studiums kam die ehemalige Vorstandsvorsitzende der Illustratoren Organisation Franziska Walther an die HAW Hamburg und gab einen Kurs, der mir in meiner späteren Freiberuflichkeit wahnsinnig weitergeholfen hat. Sie hat uns erklärt, was die KSK, BG ETEM und die VG Bildkunst sind, wie man den eigenen Preis bestimmt, wie Angebote und Rechnungen aussehen und welche Vor- und Nachteile die Kleinunternehmerregelung hat. Ich war im Master, kurz davor in die Selbstständigkeit zu starten und erschrocken, von wie vielen Dingen ich bis dahin noch überhaupt nichts gehört hatte.
Ich habe mich dann selbst überall reingefuchst. Sehr geholfen hat da der Austausch mit anderen Illustrator:innen im Real Life und in Facebook-Gruppen wie „Coaching für Illustratoren“. Dadurch bekommt man immer wieder unverhofft wertvolle Tipps, die einen unglaublich weiterbringen.
Als ich dann in meiner Freiberuflichkeit endlich so weit war, dass mal Geld übrigblieb, habe ich mich mit finanzieller Absicherung und Altersvorsorge für Selbstständige beschäftigt. Da haben mir „Madame Moneypenny“ und der Youtube-Kanal „Finanzfluss“ sehr weitergeholfen.
Meine Buchhaltung wuppe ich mit SevDesk. Diese Software kann man mit dem Geschäftskonto und Elster verknüpfen. Da lässt sich vieles automatisieren, was einem viel Zeit erspart.
Mich mit meiner eigenen Bürokratie zu beschäftigen, hat mir generell gutgetan. Dadurch habe ich überhaupt erst ein selbstbewusstes Business Mindset entwickelt. Und wenn man einen guten Überblick über die eigenen Finanzen hat, läuft man weniger Gefahr, die eigene kreative Arbeit unter Wert zu verkaufen.
Der Teil, der mich allerdings richtig an der Bürokratie nervt, ist die Steuererklärung. Ich hatte mich gegen eine:n Steuerberater:in entschieden, weil ich einfach verstehen wollte, was sich wie absetzen lässt und wie das überhaupt alles funktioniert. Wenn man sich allerdings mit konkreten Fragen ans Finanzamt wendet, kann man Pech haben und man bekommt Antworten, die für Arbeitnehmer:innen, aber nicht für Freiberufler:innen gelten. Gleichzeitig bekomme ich aus meinem Umfeld mit, dass Steuerberater:innen nicht wirklich beraten. Wenn ich als Illustratorin überhaupt keine Ahnung habe, wo ich überall Steuern sparen könnte, mich mein:e Steuerberater:in aber nicht von sich aus darauf hinweist, bringt mir das herzlich wenig. Hier habe ich für mich noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden.
Mehr Infos zu Jennifer van de Sandt findest du auf: jennifer-van-de-sandt.de
Die Einblicke, die ich bekommen habe, sind vielseitig. Einen einheitlichen O-Ton meine ich aber trotzdem rausgehört zu haben: Bürokratie ist Arbeit und teilweise, vor allem anfangs, wirklich mühsam. Ganz deutlich kommt heraus, dass es ohne externe Hilfe nicht geht. Ob mit Podcasts, Blogs und Büchern oder der direkten, bezahlten Hilfe durch eine Steuerberatung. Ich finde es toll an der heutigen Zeit, dass man sich schon allein im Internet in großem Maße belesen und aufschlauen kann. Das Vorurteil, dass die kreativen Köpfe ihre Probleme mit der Bürokratie hätten, würde ich nicht unterschreiben. Es ist eine Hürde, ja, aber jede:r findet ihren bzw. seinen Weg, sie zu überwinden. Und wer erfolgreich sein möchte, kommt eh nicht drumherum, es mit der Bürokratie aufzunehmen.
Zu guter Letzt: Drei häufige Fragen zum Thema, wie Kreative die Bürokratie wuppen
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