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Können Selbstständige eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abschließen?

Wenn du angestellt bist und deinen Job verlierst, bekommst du hinterher zur Überbrückung fast immer Arbeitslosengeld. Aber wie steht es damit, wenn du freiberuflich oder selbstständig arbeitest? In dem Fall kannst du freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzahlen. Erfahre hier bei lexfree, ob das für dich sinnvoll ist, und wo du einen Antrag auf freiwillige Arbeitslosenversicherung stellen kannst.

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Definition

Was genau ist die freiwillige Arbeitsversicherung?

Egal, ob du selbstständig arbeitest, einer Arbeit im Ausland nachgehst oder in Elternzeit Kinder betreust: Wenn du nicht als Versicherte:r in die Arbeitslosenversicherung einzahlst, hast Du keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Falls Dich eine Arbeitslosigkeit als Selbstständige:r oder Freiberuflicher:in trifft, kann das ein finanzielles Risiko für dich bedeuten. Mit einer Arbeitslosenversicherung, in die du freiwillig einzahlst, kannst du dich absichern und dieses Risiko minimieren: Sobald du dann arbeitslos wirst, kannst du unter bestimmten Voraussetzungen auch als Selbstständige:r bis zu einem Jahr Arbeitslosengeld erhalten. Im Zusammenhang mit der freiwilligen Arbeitslosenversicherung spricht man auch von einer Antragspflichtversicherung, weil diese nur auf Antrag von selbstständig Tätigen zustande kommt (siehe § 4 Abs. 2 SGB VI).

Hast du als Selbstständige:r Anspruch auf Arbeits­losengeld?

Das Arbeitslosengeld wird in Deutschland aus der Arbeitslosenversicherung finanziert. Die Arbeitslosenversicherung gehört wie die Rentenversicherung zu den Pflichtversicherungen von angestellten Arbeitnehmer:innen. Das bedeutet, dass Angestellte auf Basis dieses Versicherungspflichtverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung mehr oder weniger automatisch Arbeitslosengeld erhalten, sobald sie ihren Job verlieren.  

Doch wie sieht das bei Selbstständigen und Freiberufler:innen aus? Kann man als Selbstständige:r in die Arbeitslosenversicherung einzahlen? Die Antwort lautet: Ja. Denn auch für Selbstständige gibt es Modelle sich abzusichern, beispielsweise durch den Beitritt in die freiwillige Arbeitslosenversicherung.

Dafür ist es wichtig zu wissen, dass es in Deutschland zwei Formen von Arbeitslosengeld gibt: 

Arbeitslosengeld I (ALG I)

Diese Form des Arbeitslosengeldes ist die direkte Leistung der Arbeitslosenversicherung an eine:n Arbeitnehmer:in. Das heißt also, dass diese:r dafür einen Teil des Lohnes bzw. Gehalts vorab in die Versicherung einbezahlt hat.

Arbeitslosengeld II (ALG II) – seit 2023 Bürgergeld

Es wird auch Grundsicherung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte oder Hartz IV bzw. ab 2023 Bürgergeld genannt. Dabei handelt es sich um eine staatliche Leistung für bedürftige Arbeitssuchende. Die Höhe des Arbeitslosengeldes 2 bzw. des neuen Bürgergeldes ist um circa 50 Euro gestiegen und beträgt nun 502 Euro pro Monat, anstelle der bisherigen 449 Euro bei Hartz IV. Hast du als Selbstständige:r freiwillige Beiträge in die Arbeitslosenversicherung geleistet, dann wird diese Form des Arbeitslosengeldes auch ausbezahlt, wenn du keinen Anspruch auf ALG I hast.

Info

Wenn du bereits Harz-IV-Empfänger bist, musst du keinen neuen Antrag auf Bürgergeld stellen.

Auf ALG I hast du nach der Aufgabe deiner Selbstständigkeit nur unter bestimmten Bedingungen Anspruch. Es hängt davon ab, wie lange du in den letzten 2 Jahren vor Beginn deiner Arbeitslosigkeit in die (freiwillige) Arbeitslosenversicherung eingezahlt hast.

Unabhängig davon gilt: Jeder Mensch in Deutschland hat nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB) ein Anrecht auf die Grundsicherung, also auf ALG II. Für den Bezug musst du nicht zwangsläufig arbeitslos sein oder im Vorfeld Arbeitslosengeld I bezogen haben. Stattdessen steht dir diese Leistung auch als Selbstständige:r zu, wenn dein Einkommen nicht zur Deckung des täglichen Bedarfs ausreicht.

Info

ALG II greift immer

Das bedeutet: Selbst, wenn dein Business mal nicht so gut läuft, musst du nicht direkt dein Gewerbe abmelden oder deine Freiberuflichkeit für immer aufgeben. Stattdessen kannst du zur Unterstützung ALG II beantragen.

Was genau ist die freiwillige Arbeitslosen­versicherung für Selbstständige?

Die freiwillige Arbeitslosengeldversicherung nimmt dich als Selbstständige:n in die normale Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer:innen mit auf. Daher wird auch oft davon gesprochen, dass du dich damit in der Arbeitslosenversicherung weiterversicherst. Die Beiträge zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich absetzbar. Du kannst diese in deiner Einkommenssteuererklärung als Vorsorgeaufwand geltend machen. Beachte dabei den Höchstbetrag für die Absetzbarkeit bei Selbstständigen von 2.800 Euro.

Info

Fristen beachten

Möchtest du dich freiwillig arbeitslosenversichern, beachte folgende Infos zur Antragstellung:

  • Die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige kannst du spätestens 3 Monate nach Gründung beantragen.
  • Beantragen kannst du die Versicherung beim Arbeitsamt.

Kann sich jede:r Selbstständige freiwillig arbeitslos­versichern?

Nein, nicht jede:r Selbstständige kann sich freiwillig arbeitslosenversichern. Wenn du eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige abschließen möchtest, musst du eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Du musst die letzten 2 Jahre vor deiner Selbstständigkeit oder deiner Gründung mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen sein.
  • Du musst, direkt bevor du in deine Selbstständigkeit gestartet bist, Anspruch auf Arbeitslosengeld oder eine andere Entgeltersatzleistung nach SGB III haben.
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Kurzarbeitergeld wird berücksichtigt

Auch das Kurzarbeitergeld zählt zum Zeitraum der 2 Jahre dazu. Du kannst also zeitweise Kurzarbeitergeld bezogen haben und dich dann freiwillig zur Arbeitslosenversicherung anmelden.

Wie hoch ist der Beitrag zurfreiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige?

Der monatliche Beitrag zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung richtet sich stets nach den Bezugsgrößen der Sozialversicherung. Die bisherigen Werte in der Sozialversicherung ändern sich ab 2023: Im Westen gelten dann 3.395 Euro pro Monat (in 2022 waren es monatlich 3.290 Euro) und im Osten 3.290 Euro pro Monat (in 2022 waren es monatlich 3.150 Euro).

Daraus ergeben sich ab 1. Januar 2023 höhere monatliche Beiträge für die freiwillige Arbeitslosenversicherung:

  • 88,27 Euro im Westen (78,96 Euro in 2022)
  • 85,54 Euro im Osten (75,60 Euro in 2022)
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Für Existenzgründer:innen greift eine Sonderregelung

Diese zahlen laut § 345b bzw. § 434w Sozialgesetzbuch (SGB III) bis zum Ablauf des ersten Jahres nach Gründung generell nur die Hälfte des Beitrags. Die Beiträge zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung zahlst du direkt an die Agentur für Arbeit.

Was wird dir monatlich ausbezahlt, wenn du arbeitslos wirst?

Die Höhe des Arbeitslosengeldes, das du als freiwillig Weiterversicherte:r erhältst, wenn du dich arbeitslos meldest, orientiert sich an einem fiktiven Arbeitsentgelt. Die Höhe des fiktiven Arbeitsentgelts wiederum ist von der Art der Beschäftigung und deiner Qualifikation abhängig. Es wird nach 4 Qualifikationsgruppen unterschieden:

  • Hochschul- oder Fachhochschulausbildung
  • Fachschulabschluss, Qualifikation als Meister
  • abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf
  • keine Ausbildung

Was ist sinnvoll: Eine freiwillige Arbeitslosenversicherung oder eine private Absicherung?

Eine freiwillige Weiterversicherung innerhalb der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung hat mit Blick auf eine Selbstständigkeit durchaus Vorteile und ist vor allem für Gründer:innen überlegenswert, die sich noch nicht sicher sind, dauerhaft mit ihrem Geschäftsmodell Einkommen zu erwirtschaften. Abgesichert durch eine freiwillige Arbeitslosenversicherung können sie sich zu relativ günstigen Konditionen für ein Jahr Arbeitslosenunterstützung sichern. Auch von Weiterbildungsangeboten oder Zuschüssen zu Bewerbungskosten durch das Arbeitsamt können sie profitieren.

Ist nach Gründung das Geschäftsmodell erst einmal angelaufen, erscheint es häufig sinnvoller, private Vorsorge zu treffen, statt freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Das gelingt zum Beispiel durch die Absicherung einzelner Risiken wie der Arbeitsunfähigkeit. Auf diese Weise federst dufinanzielle Einbrüche ab, die mit Blick auf eine Arbeitslosigkeit schnellentstehen können. Neben dem Thema der Altersversorge für Selbstständige solltest du deshalb Fragen rund um die private Arbeitslosenversicherung für Selbstständige immer überdenken.

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Kümmere dich rechtzeitig um eine private Absicherung

Mach dich fit und optimiere dein finanzielles Wissen. Denn für dich als Selbstständige:r ist dies ein essenzieller Erfolgsfaktor. Mach dir deshalb die Rechnung auf und stelle dir auch ein privates Konzept zusammen, das eine potenzielle Arbeitslosigkeit abfedern kann. Dabei handelt es sich nicht um eine klassische Arbeitslosenversicherung. Stattdessen schließt du Versicherungen ab, mit denen du die Ursachen für eine mögliche Arbeitslosigkeit abdeckst. Dazu gehören beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung.

Kann man die freiwillige Arbeitslosenversicherung kündigen?

Grundsätzlich ist die freiwillige Arbeitslosenversicherung auch wieder kündbar. Allerdings ist das erst nach 5 Jahren möglich. Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats und muss schriftlich eingereicht werden.

Achtung

Gleichstellung mit anderen Arbeitslosen

Wenn du als Selbstständige:r in die freiwillige Arbeitslosenversicherung einzahlst und diese schlussendlich auch in Anspruch nimmst, dann gilt auch für dich der Grundsatz aus eigenem Antrieb alles zu tun, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Sprich, Du musst wie jede:r andere Arbeitslose ebenfalls jede zumutbare Beschäftigung annehmen, die dir die Agentur für Arbeit vermittelt.

Was musst du beim Antrag auf die freiwillige Arbeitslosen­versicherung beachten?

Der Antrag auf eine freiwillige Arbeitslosenversicherung muss spätestens 3 Monate, nachdem ein Gewerbe angemeldet oder eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen wurde, eingereicht werden.

Wichtig ist es, dem Antrag Belege über die eigene Selbstständigkeit beizufügen. Das kann eine Kopie des Gewerbescheins sein oder Arbeitsproben, die die selbstständige Tätigkeit nachweisen.

Info

Gut zu wissen:

Wenn du dich als Selbstständige:r arbeitslos meldest und Arbeitslosengeld beziehst, musst du nicht deine Selbstständigkeit aufgeben. Als erwerbslos definiert die Arbeitsagentur bereits eine Tätigkeit, bei der deine Wochenarbeitszeit unter 15 Stunden liegt. Sobald du Arbeitslosengeld aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung beziehst, darfst du pro Monat 165 Euro ohne Abzüge dazuverdienen.

Wann kannst du die freiwillige Arbeitslosen­versicherung in Anspruch nehmen?

Wer als erwerbslos gilt, kann Zahlungen aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen. Das ist der Fall, wenn du eine der drei Voraussetzungen erfüllst:

  1. Du hast keine oder nur wenige Aufträge, willst trotz Arbeitslosenversicherung deine Selbstständigkeit aber nicht aufgeben.
  2. Du hast deine Selbstständigkeit aufgegeben.
  3. Du erfüllst die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld.

Beachte bei Punkt 1 die 15 Stunden-Regel. Den Antrag auf Bezug musst du bei der Agentur für Arbeit einreichen. Zahlst du in die freiwillige Arbeitslosenversicherung ein, dann kannst du zu deiner Orientierung beispielsweise den Arbeitslosengeld-Rechner der Bundesagentur für Arbeit nutzen und die Höhe des Arbeitslosengeldes individuell berechnen.

Achtung

Versicherungshürden beachten

Wenn du zweimal Arbeitslosengeld bezogen hast, kannst du dieselbe selbstständige Tätigkeit nicht noch einmal durch eine freiwillige Arbeitslosenversicherung absichern. Ausnahme: Diese Ausschlussregelung gilt nicht, wenn du zwischenzeitlich einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hast. Das heißt: Du warst mindestens 12 Monate versicherungspflichtig, also in einer Festanstellung.

Zusammenfassung

Freiwillige Arbeits­losen­versicherung zusammengefasst

  • Selbstständige und Freiberufler:innen können unter bestimmten Voraussetzungen die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen.
  • Arbeitslosengeld II, das Bürgergeld, steht jedem:jeder Selbstständigen oder Freiberufler:in zu, ob mit oder ohne Arbeitslosenversicherung.
  • Beantragt wird die freiwillige Arbeitslosenversicherung bei der Agentur für Arbeit.
  • Die monatlichen Beiträge errechnen sich aus deinen Durchschnittseinkünften innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung.
  • Wenn du keine oder nur geringe Einkünfte hast, kannst du die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen.
  • Die Höhe des Arbeitslosengeldes hängt von der Beschäftigung und deiner Qualifikation ab.
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