Ich hasse Netzwerken im Sinne von Visitenkartentausch
Zunächst eine kleine Beichte: Ich hasse Netzwerken. Zumindest das, was immer noch viele dafür halten. Deshalb habe ich auch eigentlich nie „genetzwerkt“. Dachte ich. Bei „Networking-Events“ saß ich mit Freund:innen unweit der Kaffeeecke, beobachtete mit einer Mischung aus Neid und Fremdscham jene, die mutmaßlich einflussreiche Fremde ansprachen und Visitenkarten tauschten. Ich war also einigermaßen überrascht, als ich feststellte, dass ich ein ziemlich gutes Netzwerk habe, aus dem auch immer wieder Aufträge resultieren. Rückblickend habe ich daraus fünf Lehren gezogen, die auch anderen beim Netzwerken helfen können:
1. Die Leute aus der Kaffeepause sind dein Netzwerk
Mein Netzwerk hat sich aus vielen informellen Begegnungen geformt, sei es am Rande der eigentlichen Networking-Events oder in den Pausen zwischen Seminaren, mit Sitznachbar:innen bei Veranstaltungen, sogar auf WG-Partys. Man trifft sich, man quatscht, man begegnet sich weitestgehend unvoreingenommen. Und unter den vielen Begegnungen sind immer ein paar, die man wiedersieht, die in einer ähnlichen Branche landen, die irgendwann zufällig auf Social Media entdecken, dass man genau das anbietet, was sie grade brauchen.
2. Neugier statt Akquise
Es mag paradox klingen, aber wer beim Netzwerken das explizite und unmittelbare Ziel hat, daraus Aufträge zu generieren, wird scheitern. Ich wittere bei Anfragen auf LinkedIn zehn Kilometer gegen den Wind, wenn eine Person mir gleich in der zweiten Nachricht schon was verkaufen will. Wer denkt, dass diese Art von Netzwerken bei der Kundenakquise helfen kann, den oder die muss ich leider enttäuschen: Wer sich wie ein:e Staubsaugervertreter:in verhält, dem wird meist die Tür ins Gesicht geknallt.
Was hingegen wirklich hilft ist Neugier. Menschen merken, wenn du dich für sie interessierst. Oft klappt die Akquise genau dann – beziehungsweise zeitversetzt – wenn du es gar nicht darauf abgesehen hattest. Also: Lieber mit einer Person ein interessantes Gespräch führen, ganz ohne Aussicht auf einen Verkauf, statt zehn Leuten oberflächlich deine Visitenkarte in die Hand zu drücken. Das hat auch mit dem nächsten Punkt zu tun:
3. Qualität > Quantität
Ob ein Netzwerk tragfähig ist, hängt nicht so sehr davon ab, wie groß es ist, sondern vielmehr davon wie engmaschig. Ein Stapel Visitenkarten hilft wenig, wenn die Menschen auf diesen Visitenkarten gar nicht wissen, wer man ist. Was dafür sehr hilft: Wenn Menschen, die einen besser kennen, im richtigen Moment ein gutes Wort für einen einlegen, und im Optimalfall mit einem Beispiel untermauern können, warum man genau der oder die Richtige für den Auftrag ist. Eine Handvoll solcher Menschen im eigenen Netzwerk zu wissen, reicht völlig aus und ist im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.
4. Geben und Nehmen
Es kann ebenso viel Freude machen, einen Auftrag ins Netzwerk zu leiten wie selbst einen aus dieser Quelle zu bekommen. Das sollte man nicht mit einem Kuhhandel verwechseln: Ich besorge dir einen Auftrag, du besorgst mir einen – nein, so funktioniert das nicht. Es ist vielmehr eine Frage des Vertrauens: Ich leite einen Auftrag an dich weiter und vertraue darauf, dass auch ich hin und wieder einen Auftrag aus meinem Netzwerk bekomme, ganz egal von welcher Stelle der jetzt genau kommt.
5. Bauen, bevor du’s brauchst
Zeit. Ein beim Netzwerken oft unterschätzter Faktor. Wenn man sich erst in dem Moment Gedanken über das eigene Netzwerk macht, in dem man es braucht, dann kann man fast nur scheitern. Beziehungen entstehen nicht von heute auf morgen. Vertrauen auch nicht. Beides ist aber essenziell für ein tragfähiges Netzwerk. Wer eine Empfehlung ausspricht, will sich sicher sein, dass es eine gute ist, denn es fällt ja auch auf einen selbst zurück. Die große Kunst ist, jemanden schon in deinem Netzwerk zu haben, bevor sich an deren Ende eine Möglichkeit auftut, von der du profitieren kannst. Und damit sind wir wieder beim ersten Punkt.
Zu guter Letzt: Drei häufige Fragen zum Thema Netzwerken
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